Führt das Recht auf Suizid zum Zwang, sich zu entscheiden? Mit „Sich den Tod geben“ gibt der Ethiker und Kulturphilosoph
Jean-Pierre Wils der Debatte um die Sterbehilfe neue Impulse.
Über die Neuregelung der Suizidassistenz wird derzeit in
der Politik, der Ärzteschaft, der evangelischen Kirche und im Deutschen Ethikrat leidenschaftlich diskutiert. Nun haben Abgeordnete einen Vorschlag für eine Neuregelung vorgelegt, wonach Hilfe
zum Suizid erlaubt wäre, wenn auch unter strengen Vorlagen.
Jean-Pierre Wils, Professor für Philosophische Ethik und Kulturphilosophie, verneint diese Autonomie nicht, fragt aber in seinem Buch „Sich den Tod geben. Suizid als letzte Emanzipation?“ nach den sozialen und kulturellen Folgen: Könnte das Recht auf selbstbestimmtes Sterben nicht auch den Druck erhöhen, die vermeintlich vernünftige Entscheidung für den Suizid zu treffen? Wie reagieren wir, wenn unsere Erwartungen an uns selbst und das Leben, wenn Selbstoptimierung und Verwertbarkeit an ihre Grenzen kommen?
Wils plädiert eindringlich dafür, die Debatte in einem größeren Kontext zu führen, und bietet
dafür auf der Basis seines profunden historischen Wissens Orientierung an. Seine These: Erst wenn wir wieder unsere Endlichkeit akzeptieren und sie der kulturellen Verdrängung und Amnesie
entreißen, können wir zu einer angemessenen Diskussion über die Sterbehilfe kommen und eine zeitgemäße Politik des Sterbens entwickeln. Wils’ Buch leistet dazu einen wichtigen
Beitrag.
Jean-Pierre Wils studierte Philosophie und Theologie in Leuven und Tübingen und lehrt Philosophische Ethik und Kulturphilosophie an der
Radboud Universität in Nijmegen in den Niederlanden. Er war viele Jahre Mitherausgeber der Zeitschrift „Ethik und Unterricht“ und gibt ab 2021 die „Scheidewege. Schriften für Skepsis und Kritik“
heraus. 2007 erschien sein Buch „Ars moriendi. Über das Sterben“, 2019 „Das Nachleben der Toten. Philosophie auf der Grenze“. Er ist Mitglied des PEN-Zentrum Deutschland.
Jean-Pierre Wils
Sich den Tod geben.
Suizid als letzte Emanzipation?
200 Seiten
Gebunden
€ 24,– [D]
ISBN 978-3-7776-2940-7
E-Book: epub. € 21,90 [D]
ISBN 978-3-7776-2974-2
Erscheint am 17. März im Hirzel Verlag.
Neue Perspektiven für die Debatte um Sterbehilfe. Über das Recht auf einen assistierten Suizid wird seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 auch in Deutschland leidenschaftlich diskutiert. Der Philosoph und Theologe Jean-Pierre Wils verneint nicht die Autonomie, fragt aber – auf der Grundlage seines profunden historischen und ethischen Wissens – nach den sozialen Folgen: Führt das Recht auf Suizidhilfe auf Dauer nicht zur Pflicht, sich dafür oder dagegen entscheiden zu müssen? Und nimmt nicht der Druck hin zur vermeintlich vernünftigen Entscheidung zu, sobald die Herbeiführung des eigenen Todes als ein letzter Akt der Selbstverwirklichung und der Emanzipation betrachtet oder gar anempfohlen wird? Wils plädiert eindringlich dafür, die Debatte in einem größeren Kontext zu führen, unsere Endlichkeit der kulturellen Amnesie zu entreißen – und legt so die Grundlagen einer zeitgemäßen Diskussion über die Sterbehilfe.
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Autor: Hirzel Verlag; zusammengestellt von Gert Holle - 16.03.2021