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 Foto: Gert Holle
„Was Du nicht willst, dass man Dir tut, das füg‘ auch keinem anderen zu!“ - eine uralte goldene Regel, die viele Religionen und Kulturen
miteinander verbindet. Viele haben sie schon als Kind gelernt: „Was Du nicht willst, dass man Dir tut …“. Das sollte uns einmal mehr zur rechten Zeit einfallen, vor allem in der
Begegnung mit Menschen, die in unser Land kommen, ob Flüchtlinge oder Arbeitsuchende. Genügt das aber? Nur ein Rat, wie ich mich nicht verhalten soll? Christen könnten mehr
wissen. Jesus sagt: „Behandelt jeden so, wie ihr selbst von ihm behandelt sein wollt!“ Ich soll dem anderen so begegnen, wie ich es selber von ihr oder ihm mir gegenüber erwarte.
Auch auf die Gefahr hin, ausgenutzt oder missbraucht zu werden. Menschlichkeit ist ohne Risiko nicht zu haben. Das lässt sich leicht sagen, aber schwer in die Tat umsetzen. Das
muss deshalb trainiert werden. Und würde damit das Antlitz der Welt verwandeln.
Es gibt gute Beispiele, an denen wir uns orientieren können. Auch in unserer Nähe. Wie das der Posaunenbläser von Ulfa um Dirigent
Holger Schneider, der mit seinen Jungbläsern am ersten Weihnachtstag Flüchtlinge im Haus am Landgrafenteich in Bad Salzhausen besuchte, um Ihnen ein Ständchen mit unseren
traditionellen Weihnachtsliedern zu spielen. Grenzen überwinden mit Musik – wunderbar. Menschen mit Mut zu kleinen Schritten, die uns alle glücklich machen können. Auch wir können
solche Schritte gehen.
Die Sängerin Julia Neigel teilte kürzlich im sozialen Netzwerk Facebook unter der Überschrift „Hinschauen!“ folgende
Gedanken: „Wir können füreinander da sein. Wir können aufeinander aufpassen. Wir haben für unsere Liebsten Verantwortung, wollen
aufeinander achten, in Liebe, Respekt und Achtung, in Menschlichkeit, liebevoll, fürsorglich. Wir müssen uns einmischen, wenn wir Unrecht sehen, es laut sagen. Menschenwürde,
Grundrechte, all dies sind wichtige Werte in unserer Gesellschaft. Und die Einsamsten unter uns brauchen Umarmungen und Trost, Hilfe. Wir müssen Rückgrat zeigen, wenn wir
erkennen, dass Menschen weh getan wird und die Schwächsten schützen. Und aufhören wegzuschauen …“
Wieder könnten wir denken: Das lässt sich leicht sagen, aber schwer in die Tat umsetzen. Und wieder sage ich: Auch wir können
solche Schritte gehen. Mit der folgenden kleinen Geschichte möchte ich Sie heute dazu ermutigen: Er tut mir so richtig leid, mein
kleiner Baumwollfaden. Wie er da vor mir liegt. Mit dem Gefühl, dass es „bei ihm nicht ausreicht“: Für ein Schiffstau zu schwach, zu farblos für eine Stickerei, für einen Pullover
zu kurz … Um an andere „anzuknüpfen“, hat er zu viele Hemmungen. Ich ahne, wie es in ihm aussieht: Niemand braucht ihn, niemand mag ihn, er sich selber auch nicht. Wie gut, dass
es noch etwas anderes gibt. Wie das Wachs, das einfach sagt: „Lass Dich doch nicht so hängen, kleiner Baumwollfaden! Wir beide tun uns zusammen. Eine große Osterkerze werden wir
nicht. Aber: Für ein Teelicht reicht es auf jeden Fall! Wir werden zusammen eine kleine Kerze." Immerhin: Sie wärmt ein wenig und macht es ein bisschen heller. – Nun ist er doch
noch zu etwas nütze, mein kleiner Baumwollfaden. Ganz ohne Selbstmitleid. Weil er mutig genug war, den ersten kleinen Schritt zu wagen. -
Vielleicht denken so noch mehr auf der Welt. Dann würde sich das Antlitz der Welt tatsächlich verändern. In diesem Sinne wünsche
ich Ihnen ein gesegnetes Wochenende.
3.01.2014
Gert Holle
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