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Männchen vom Mosel-Apollofalter auf Weißer Fetthenne (T. Laußmann)
Männchen vom Mosel-Apollofalter auf Weißer Fetthenne (T. Laußmann)

Mosel-Apollofalter ist Schmetterling des Jahres 2024

(Düsseldorf/jb) - Schmetterling des Jahres 2024 ist der Mosel-Apollofalter (Parnassius apollo ssp. vinningensis). Die BUND NRW Naturschutzstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e.V. haben die stark bedrohte Unterart des Apollofalters gemeinsam gekürt.

Der Mosel-Apollofalter kommt ausschließlich im unteren Moseltal in Rheinland-Pfalz vor. Dort besiedelt der Schmetterling Felsen inmitten von zumeist konventionell bewirtschafteten Weinbergen. Der Mosel-Apollofalter hat sich durch geografische Isolation zu der einzigartigen Unterart entwickelt. Seit 2012 geht die Zahl der Falter massiv zurück. Der Apollofalter ist eine streng geschützte Schmetterlingsart.

 

Jochen Behrmann von der BUND NRW Naturschutzstiftung: "Der Mosel-Apollofalter ist weltweit einzigartig. Wir sehen, dass die Art schwindet und dürfen nicht zulassen, dass der große und majestätische Falter als Nebeneffekt des Pestizideinsatzes im konventionellen Weinanbau ausgerottet wird.“

 

Alternativen zum Pestizideinsatz müssen eingesetzt werden

In den Steillagen in unmittelbare Nähe zu den Lebensräumen des Schmetterlings werden in der Zeit von Mitte Mai bis Ende Juli etwa alle zehn Tage Cocktails von 20 verschiedenen Pestiziden per Hubschrauber ausgebracht. Der Pestizideinsatz aus der Luft ist grundsätzlich verboten, da sich die Giftstoffe weit über die Zielfläche hinaus verteilen und so maximale Schäden auch an anderen Tieren und Pflanzen anrichten. Das Spritzen vom Hubschrauber wird über eine Ausnahmegenehmigung gestattet.

 

Behrmann: „Der übermäßige Pestizideinsatz beim Weinanbau an der Mosel und insbesondere das Versprühen mit Hubschraubern in Steillagen müssen beendet werden. Nur so lässt sich an der Mosel der Verlust an Artenvielfalt in diesen wertvollen Lebensräumen stoppen.”

Der Apollofalter zählt mit einer Flügelspannweite von 65 bis 75 Millimetern zu den größten Tagfaltern in Deutschland. Seine Flügel sind weiß beschuppt. Die Hinterflügel tragen zwei rote Augenflecken mit schwarzer Umrandung und weißem Kern. Die Raupen ernähren sich von der Weißen Fetthenne. Die Falter saugen Nektar an blauvioletten Blüten wie Flockenblumen und Kartäusernelken.

 

Hintergrund: Seit 20 Jahren machen die BUND NRW Naturschutzstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen mit der Kür des Schmetterlings des Jahres auf die Bedeutung und Bedrohung der Arten aufmerksam. Nur ein Drittel der Tagfalterarten in Deutschland sind noch ungefährdet.

 

Steckbrief des Mosel-Apollofalters (Parnassius apollo ssp. vinningensis)

 

 

Männchen vom Mosel-Apollofalter auf Flockenblume (G. Heupel)
Männchen vom Mosel-Apollofalter auf Flockenblume (G. Heupel)

Beschreibung der Schmetterlinge (Imagines): Der Apollofalter zählt mit einer Flügelspannweite von 65 bis 75 Millimetern zu den größten Tagfaltern in Deutschland. Seine Flügel sind überwiegend weiß beschuppt. Auf den Vorderflügeln besitzt die Art mehrere große schwarze Flecken. Die Hinterflügel zeigen ober- und unterseits zwei rote Augenflecken mit schwarzer Umrandung und weißem Kern. Beim Männchen ist die Oberseite des Hinterleibs dicht behaart, beim Weibchen nur spärlich behaart.

 

Verbreitung und Lebensraum des Apollofalters: Der Apollofalter ist in weiten Teilen Europas und Asiens verbreitet, kommt aber nur sehr lokal vor, denn er ist ein sogenanntes Eiszeitrelikt. Bis ins frühe 20. Jahrhundert war er in vielen Mittelgebirgen Europas beheimatet. Im Zuge der weitgehenden Aufgabe der Schaf- und Ziegenbeweidung verbuschten seine Lebensräume, und er ist dort fast überall ausgestorben. Letzte Vorkommen finden sich in Deutschland heute im Moseltal sowie auf der Schwäbischen und der Fränkischen Alb und in den Alpen.

Im Moseltal lebt die Unterart Mosel-Apollo räumlich und genetisch von anderen Populationen getrennt an den vom Weinbau umgebenen steilen Felsen und Mauern der Untermosel.

 

Nahrung der Raupen: Im Moseltal ernähren sich die Raupen nahezu ausschließlich von der Weißen Fetthenne (Sedum album).

 

Nahrung der Schmetterlinge (Imagines): Die Mosel-Apollofalter ernähren sich von Nektar, den sie bevorzugt aus blauvioletten Blüten wie denen der Skabiosen-Flockenblume oder der Kartäusernelke saugen.

 

Generationen: Die Mosel-Apollofalter bilden eine Generation im Jahr aus. Die Flugzeit erstreckt sich in der Regel von Mitte Mai bis Ende Juli.

 

Lebenszyklus: Zur Partnerfindung fliegen die Männchen oft rastlos umher und suchen frisch geschlüpfte Weibchen, die in der Vegetation ruhen. Wird ein Weibchen entdeckt, stürzt sich das Männchen förmlich auf das Weibchen, um sich mit diesem zu paaren. Dabei verschließt das Männchen das weibliche Hinterleibsende mit einem Sekret, das anschließend aushärtet. Diese Versiegelung wirkt wie ein Keuschheitsgürtel und verhindert eine erneute Begattung des Weibchens durch andere Männchen.

Nach der Paarung klebt das Weibchen bis zu 200 stecknadelkopfgroße weiße Eier einzeln unter Felsvorsprünge oder an dürres Pflanzenmaterial. Die Raupen schlüpfen erst im zeitigen Frühjahr des Folgejahres. Sie sind schwarz gefärbt und kurz behaart. Später entwickeln sie zwei auffällige orange Fleckenreihen, welche längs der beiden Körperseiten verlaufen. Nach 60-70 Tagen verpuppen sie sich, und nach weiteren zwei bis drei Wochen schlüpft der Falter.

 

Schutz/Gefährdung: Der Mosel-Apollo ist wie alle anderen Unterarten des Apollofalters nach Anhang IV der europäischen FFH-Richtlinie („Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“) streng geschützt. Alle Unterarten des Apollofalters sind zusätzlich durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) weltweit streng geschützt.

Laut der Roten Liste Rheinland-Pfalz gilt der Mosel-Apollofalter als extrem selten. Deutschlandweit wird der Apollofalter als stark gefährdet eingestuft.

 

Gefährdungsursachen: Hauptgefährdung sind die massiven Pestizideinsätze auf den direkt an die Lebensräume der Schmetterlinge angrenzenden Weinberge. Die Pestizide werden in den Steillagen per Hubschrauber versprüht und entsprechend weit verteilt. Hier steht besonders Fluopyram im Verdacht, auch andere Organismen zu schädigen. Das Mittel gegen Pilze ist seit 2012 im Einsatz und seit 2013 für die Anwendung mit Hubschraubern zugelassen. Der zeitliche Zusammenhang zu dem Rückgang der Population des Mosel-Apollofalters ist sehr auffällig. Weitere Gefährdungsursache ist das Verbuschen bei Aufgabe der Bewirtschaftung.

 

 

Systematik: Der Mosel-Apollofalter ist eine Unterart des Apollofalters Parnassius apollo (L.). Die Apollofalter sind Tagfalter aus der Familie der Ritterfalter (Papilionidae).

Internetquellen (Auswahl):

Portal für Schmetterlinge / Raupen: www.schmetterling-raupe.de

Lepiforum: www.lepiforum.de
zum Apollofalter: lepiforum.org/wiki/page/Parnassius_apollo


Autor: Jochen Behrmann / BUND Nordrhein-Westfalen; zusammengestellt von Gert Holle