Angedacht: Tschüs - mit Gott

Foto: canva.com
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Angedacht: Tschüs - mit Gott  - von und mit Gert Holle

 

Vor einigen Tagen bin ich nach langer Zeit mal wieder mit der Bahn nach Frankfurt gefahren. Und wie ich es von Kindertagen an gewohnt war, kam ich bereits eine Viertelstunde vor der Abfahrt am Bahnhof an. Man weiß ja nie, ob der Schalter aufhat oder der Automat mein Geld nicht mag …. Ein großer Bildschirm begrüßte mich freundlich und leitete zielstrebig durch den Kaufvorgang. Einige Male berührte ich sanft mit meinem Zeigefinger den Touch-Screen an der dafür vorgesehenen Stelle und schon verlangte das Gerät nach Nahrung in Form eines 20-Euro-Scheins. Alles klappte wunderbar. Die Fahrkarte wurde ausgeworfen, sogar das Wechselgeld stimmte exakt. Wo ich vor ein paar Jahren noch feste drücken musste, genügte nun eine zarte Berührung. Phantastisch! Ein Touch reicht auch bei unseren Mobiltelefonen, bei Geldautomaten, beim Navigationsgerät im Auto oder um die Seiten auf meinem E-Book umzublättern. Wir verständigen uns mit einem kurzen Tipp unserer Fingerspitzen da, wo wir einst feste drücken oder drehen mussten. Ob das vielleicht auch Einfluss auf andere Bereiche unseres Lebens hat? Auf unseren Umgang miteinander?

In der Kirche machen wir uns als ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter sehr viele Gedanken, wie wir die Menschen erreichen können. Oft vergebens. Da höre ich häufig Kritik: „Das berührt mich nicht, was ich im Gottesdienst erlebe!“ Oder so manche Äußerung eines hohen Kirchenfunktionärs zu politischen Sachverhalten wird als plumpe Anbiederung wahrgenommen. Und tatsächlich wirkt vieles wie ein unverlangtes heftiges Schulterklopfen und nicht wie der ernsthafte Versuch, Herz und Verstand der Menschen zu berühren. Dabei bietet unsere Sprache doch so wunderbare Möglichkeiten.

Ich erinnere mich an meine Zeit in Hamburg, in der oft zahlreiche Begegnungen mit einem sanften „Tschüs“ endeten. Und ich sagte dann immer: „Tschüs denn!“. So war ich es nach ein paar Wochen gewohnt. Ich dachte mir nicht viel dabei. O.k., ich sagte „tschüs“ in dem Sinne wie „das war’s“ … oder etwa doch nicht? - „Adieu“ sagen die Franzosen, und wir haben daraus unser „tschüs“ gemacht. Gottseidank, denn: Wenn wir dies jemandem zurufen, dann sagen wir „mit Gott!“. Ich freue mich, wenn ich dies höre, auch hier im Hessenland. Weiß ich denn, was auf mich und den anderen zukommt? Nicht nur in den nächsten Minuten? Was kann mir zustoßen – auf der Straße, im Büro, am Herd …? Wir können doch nicht auf alles und jeden aufpassen! „Mit Gott!“, das ist dann der gute Wunsch, der mich, der den anderen berührt. Gott möge mit uns sein. Ich habe alles Menschenmögliche getan, mehr kann ich jetzt nicht tun. „Geh mit Gott“ – er sei so etwas wie ein Haus, das Dich schützt. Ein Weg, der ins Freie führt – ein Freund, der ehrlich bleibt und zu Dir hält. „Tschüs“ wird dann in gewisser Weise zu einem zugesprochenen Segen, zu einer der zärtlichsten Formen der Berührung. Wir legen gleichsam unsere Hände ganz sacht auf die Schulter oder den Kopf eines Menschen und sagen ihm: “Du bist nicht allein. Gott ist für dich da. Er geht mit dir mit.“ Dieser Segen am Ende einer Begegnung ist wie das Streicheln mit einem schönen Gruß von Gott. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Tag: „Adieu, Gott befohlen, tschüs!“ Ihr Gert Holle

 

 


Autor: Gert Holle - 27.02.2024