Caritas-Kinderhospiz-Zentrum LEO

Der schwerkranke Luca hat die kahlen Wände im Kinderhospiz-Zentrum Leo in Berlin mitgestaltet. (Foto: Markus Nowak)
Der schwerkranke Luca hat die kahlen Wände im Kinderhospiz-Zentrum Leo in Berlin mitgestaltet. (Foto: Markus Nowak)

Reportage zum Beispiel-Spendenprojekt: Caritas-Kinderhospiz-Zentrum in Berlin-Charlottenburg

14.03.2024

 

Das Kinderhospiz-Zentrum LEO in Berlin ist kein Ort der Trauer, sondern vielmehr ein Ort der Kraft und Stärke. Es ist eine Einrichtung, in der schwer- und schwerstkranke Kinder und ihre Familien im Vordergrund stehen. 

Text und Fotos: Markus Nowak

 

Ein Pinsel steckt hinterm Ohr, der andere liegt in der rechten Hand. In der linken hält Luca Campos ein Glas mit blauer Farbe. „Ich zeichne und male, seitdem ich auf der Welt bin“, sagt der 21-Jährige. Zuvor zeigte er stolz einige seiner zum Teil aus der Kindheit stammenden Werke auf dem Display seines Smartphones. Jetzt aber tunkt er den Pinsel in die Farbe und setzt an. Luca malt einen Jungen an die Wand, der ein Buch in der Hand hält: „Das Haus LEO“ steht darauf. „Das Leben ohne LEO wäre einsam“, sagt er. „Hier weiß man einfach, da ist jemand für einen da.“

„LEO“ bedeutet im Lateinischen „Löwe“. „Der Löwe ist ein Symbol für Kraft und Stärke“, sagt Beate Danlowski, die Leiterin des Hauses LEO. Das ist das Caritas-Kinderhospiz-Zentrum in Berlin-Charlottenburg, eine Einrichtung, in der schwer- und schwerstkranke Kinder, Jugendliche und ihre Familien im Vordergrund stehen. Hier gehe es viel um Krankheit, Tod und Trauerarbeit, sagt Danlowski. „Aber gerade hier erlebe ich oft Kinder, die viel Kraft haben und auch in ihrer Krankheit unheimlich stark sind und ihre Stärke auch anderen geben können.“ Ein Beispiel ist der schwerkranke Luca.

 

Seit Luca sieben Jahre alt ist wurde bei ihm MDS, eine Form von Blutkrebs, diagnostiziert. Luca erhielt noch als Kind eine Stammzelltransplantation – eine Chance auf Heilung. Doch dann kam nach zwei Jahren eine weitere Komplikation hinzu, die Stammzellen begannen den Körper von Luca anzugreifen. Spender-gegen-Empfänger-Reaktion wird diese Erkrankung genannt und verursacht in Lucas Körper immer wieder auch Tumore. „Alles im Alltag bedeutet körperliche Anstrengung“, sagt der 21-Jährige und zeigt, dass er seine beiden Beine zwar bewegen, aber nicht strecken kann. Die Gelenke sind im Zuge der Krankheit versteift.

LEO-Leiterin Beate Danlowski (r.) heißt Luca und Heike Campos willkommen. (Foto: Markus Nowak)
LEO-Leiterin Beate Danlowski (r.) heißt Luca und Heike Campos willkommen. (Foto: Markus Nowak)

Viel ehrenamtliches Engagement

Beate Danlowski hat seit 2011 den Kinderhospizdienst der Caritas Berlin mitaufgebaut. Damals war man mit wenigen Familien in Kontakt und hatte für diese nur wenige Angebote. Mittlerweile begleitet sie im Team mit zwei weiteren Sozialpädagoginnen mit einer pädiatrisch-palliativen Zusatzausbildung, also dem Wissen, wie unheilbar kranke Kinder und Jugendliche versorgt werden sollten, rund 75 Familien. Eine wesentliche Stütze dabei sind die die 50 Ehrenamtlichen, die im Laufe der Zeit ausgebildet wurden und in die Häuser und Wohnungen der Betroffenen gehen. Manchmal gehe es darum, Gespräche bei Trauer und Einsamkeit zu führen, manchmal auch um konkrete materielle Hilfe, wenn etwa die Waschmaschine kaputt geht und gerade das Portemonnaie leer ist.

 

Seit Dezember 2022 gibt es das neue Zentrum LEO. Erstmals können alle Angebote des Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienstes an einem Ort gebündelt und weitere Angebote geschaffen werden.

Luca Campos liebt es zu zeichnen und zu malen. (Foto: Markus Nowak)
Luca Campos liebt es zu zeichnen und zu malen. (Foto: Markus Nowak)

 

 

 

 

Bonifatiuswerk als langjähriger Begleiter

Dem Bonifatiuswerk ist es ein wichtiges Anliegen, die Kinderhospizarbeit zu begleiten und zu unterstützen. Seit Jahren gibt es daher eine regelmäßige finanzielle Förderung durch die Kinder- und Jugendhilfe des Hilfswerkes. Auch mit seiner diesjährigen bundesweiten

Erstkommunionaktion fördert das Bonifatiuswerk beispielhaft das LEO mit seinen vielfältigen Angeboten. „Dieses Zentrum zeigt auf beeindruckende Weise, was es heißt, sich füreinander einzusetzen. Passend zum Leitwort unserer Erstkommunionaktion 2024 „Du gehst mit!“ erfahren die Kinder und Jugendlichen, dass sie nicht alleine sind, dass sie auf ihrem schweren Weg begleiten werden. Es ist uns ein Herzensanliegen, dieses oftmals ehrenamtliche Engagement zu unterstützen“, erklärt der Generalsekretär des Bonifatiuswerkes Monsignore Georg Austen.

 

 

 

 

Unterstützung für die ganze Familie

Das Caritas-Kinderhospiz-Zentrum LEO will ein Ort sein, an dem die ganze Familie Unterstützung findet. So auch die Geschwister der erkrankten Kinder und Jugendlichen. „Wenn ein Kind schwerkrank ist, befindet sich die ganze Familie im Ausnahmezustand“, weiß die Sozialpädagogin Danlowski. „Die Sorge um das kranke Kind bestimmt den Alltag, und auch die Geschwisterkinder leiden. Wir haben daher ein Angebot geschaffen, dass diese Kinder einmal im Mittelpunkt stehen können und andere mit gleichem Schicksal treffen.“ Vor mehr als zehn Jahren wurde daher – auch mit Unterstützung des Bonifatiuswerkes – die „Geschwistergruppe“ begründet.

Alle sechs Wochen an einem Samstag treffen sich bis zu zwei Dutzend Kinder und Jugendliche, um gemeinsam Zeit zu verbringen oder auch mal einen Ausflug zu machen. Eine Selbsthilfegruppe seien die Zusammenkünfte nicht, sagt die LEO-Leiterin. Dafür seien die Kinder oft noch zu klein. Den älteren Jugendlichen dagegen will das Kinderhospiz einen Raum für eine solche Gruppe geben und der 21-jährige Luca selbst wird von Seiten der Caritas verantwortlich dafür sein. „Ich habe zwar noch keine Erfahrung mit der Leitung einer Gruppe“, lehrerhaft möchte er aber nicht rüberkommen. „Ich verstehe die anderen, weil ich selbst drinstecke und es besser nachvollziehen kann als die Eltern oder Freunde“, sagt Luca und meint seine Krankheit, die den Alltag so kompliziert macht.

 

Tod und Sterben noch gesellschaftliches Tabu

 

In Berlin und Umgebung leben etwa 2000 Kinder und Jugendliche mit einer lebensbedrohenden und lebensverkürzenden Krankheit. Jährlich sterben bis zu 400 von ihnen. Schwere Krankheit und Sterben von Kindern und Jugendlichen ist immer noch ein gesellschaftliches Tabu, das viele Eltern in die soziale Isolation treibt. Die oftmals langen Krankheitsverläufe, die von schweren körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen begleitet werden, sind für Familien sehr belastend. Unsicherheit, Angst und mangelndes Wissen in der Bevölkerung verstärken die Ausgrenzung.