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Roelant Savery: Paradies, 1. Drittel 17. Jahrhundert Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg eines der Highlights in der der großen Sonderausstellung „Hello Nature“
Roelant Savery: Paradies, 1. Drittel 17. Jahrhundert Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg eines der Highlights in der der großen Sonderausstellung „Hello Nature“

Weltbilder im Wandel der Zeit: Die Sonderausstellungen 2024 des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg

18.01.2024

 

(Nürnberg/gnm) - Von archäologischen Funden aus der Bronzezeit über Weltgeschichte spiegelnde Zinnfiguren-Ensemble bis zu abstrakter Kunst der Nachkriegszeit: Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg – Leibniz-Forschungsmuseum für Kulturgeschichte – demonstriert in seinem Sonderausstellungsprogramm 2024 die große Bandbreite seiner Sammlung. Die Themen der Sonderausstellungen 2024 stehen unter das Motto „Weltbilder“: Welche Bilder machen wir uns von der Welt? Was sagen sie über uns und unsere gelebte Wirklichkeit aus? Und von welchen Weltbildern zeugen die Dinge, die uns umgeben?

Weltbilder helfen, unsere Umwelt und das eigene Leben einzuordnen. Sie geben Orientierung in Krisenzeiten, können Gemeinsamkeit stiften und erklären, wer wir sind und woher wir kommen. Weltbilder verändern sich aber auch – über die Jahrhunderte von der Bronzezeit bis in die Moderne, aber auch schon über Jahrzehnte im Verlauf eines Menschenlebens.

Sonderausstellungen 2024

Die Sonderausstellung „Papierarbeiten“ (ab 29. Februar 2024) eröffnet das Themenjahr mit ausgewählten Werken aus einer im vergangenen Jahr an das Germanische Nationalmuseum übertragenen Privatsammlung von hochkarätigen Zeichnungen. Sie stammen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und entstanden vorwiegend in Köln und Düsseldorf, den Zentren der deutschen Nachkriegskunst. Zusammengetragen hat sie der Bildhauer, Zeichner und Grafiker Heinz-Günter Prager. Nach dem Zusammenbruch alter Weltbilder infolge zweier Weltkriege suchte die Kunst seit Mitte des 20. Jahrhunderts nach unbelasteten, neuen und individuellen Ausdrucksformen. Figürliches trat in den Hintergrund, die Abstraktion begann ihren Siegeszug: Linien, Strukturen und Farben dominieren auf den ausgestellten Blättern. Die Zeichnung emanzipierte sich in dieser Zeit von ihrer dienenden Funktion als Vorstudie und wird zum eigenständigen, autonomen Kunstwerk.

Als spielerisches Lernmedium prägten Zinnfiguren vor allem im 19. Jahrhundert das Weltbild der nächsten Generationen. Die Sonderausstellung „Mikrowelten“ (ab 9. Mai 2024) präsentiert herausragende Beispiele aus der dem Germanischen Nationalmuseum geschenkten Schweizer Zinnfigurensammlung Alfred R. Sulzer. Neben militärischen Formationen zeigen die filigranen Figurengruppen auch literarische Themen oder gesellschaftliche Ereignisse, wie die Fahrt Queen Victorias in prunkvoller Kutsche zur Parlamentseröffnung oder einen Eisbärangriff auf Mitglieder der Polarexpedition von Fridtjof Nansen. Sie bieten anschauliche und aufregende Einblicke in sich mit hoher Dynamik verändernde Lebenswelten des 19. Jahrhunderts. Durch Zinnfiguren fanden diese Geschichts- und Gesellschaftsbilder in Europa weite Verbreitung. Die Ausstellung macht anschaulich, wie Zeitgeschichte für Kinder- und Sammlerwelten aufbereitet wurde.

Technologische Innovationen und der Austausch von Rohstoffen sorgten in der Bronzezeit für die Entwicklung gesellschaftlicher Eliten und über weite Räume gespannte Kontakt- und Handelsnetze. Sie sind Thema der dritten Ausstellung im Jahr 2024: „Die letzte Fahrt“ (ab 25. Juli 2024). Die archäologische Sonderschau veranschaulicht, wie neue religiöse Vorstellungen und Weltbilder in der spätbronzezeitlichen Urnenfelderkultur ab 1300 v. Chr. zu veränderten Bestattungsbräuchen führten. Die Ausstellung widmet sich dem 2011 im niederbayerischen Essenbach freigelegten Prunkgrab, wo ein Mitglied der gesellschaftlichen Elite mit Zeremonialwagen und kostbaren Grabbeigaben feuerbestattet wurde. Das Grab und die enthaltenen Funde zeugen von der weiträumigen Vernetzung und den vielfältigen hochrangigen Funktionen, die diese sogenannten „Wagenfahrer“ in Politik, Wirtschaft und Religion als wichtige Akteure bei der Verbreitung und Verankerung sowohl religiöser Ideen als auch kultureller und technischer Innovationen einnahmen.

Diese Entwicklungen stehen in einem sich bis heute verschärfenden Spannungsverhältnis des Menschen mit der Natur, die die jeweils notwendigen Ressourcen bereitzuhalten hatte. Die große Sonderausstellung „Hello Nature. Wie wollen wir zusammenleben?“ (ab 3. Oktober 2024) beschäftigt sich daher mit dem wohl bedeutendsten Bild unserer Welt: unserem Blick auf die Natur. Die große Sonderausstellung zeichnet die Geschichte von Mensch und Natur zwischen Ausbeutung, Bedrohung und Bewahrung nach und fragt nach zukünftigen Wegen des Zusammenlebens. Dazu spannt sie einen Bogen von der Sesshaftwerdung des Menschen bis in die Gegenwart. Sie zeigt exemplarisch Interaktionen zwischen den Menschen und ihrer Umwelt auf, die zu tiefgreifenden Veränderungen geführt haben. Unter dem Stichwort der Natur-Kulturen entwickelt die Ausstellung neue Denkansätze, um die Konfrontation von Mensch und Natur zu überwinden und neue Lösungsansätze zur Bewältigung aktueller ökologischer Krisen zu finden.


Die Sonderausstellungen 2024 in der Übersicht:

Papierarbeiten.
Alberts, Beuys, Ecker, Lenk, Ostermeyer, Penck, Polke, Richter, Rosenbach, Rückriem, Trockel
29. Februar bis 26. Mai 2024

Mikrowelten Zinnfiguren. Die Sammlung Alfred R. Sulzer
9. Mai 2024 bis 26. Januar 2025

Die letzte Fahrt. Das Wagengrab von Essenbach. Ein Schatz der Bronzezeit
25. Juli 2024 bis 6. Januar 2025

 

Hello Nature. Wie wollen wir zusammenleben?
große Sonderausstellung
3. Oktober 2024 bis 2. März 2025