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Foto: wbg Theiss
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»Die Goldene Bulle von 1356« bei wbg Theiss - Spätmittelalterliche Verfassungsgeschichte neu erzählt

Die in lateinischer Sprache abgefasste Goldene Bulle zählt zu den wichtigsten Dokumenten der deutschen Geschichte. Kaiser Karl IV. publizierte die Goldene Bulle 1356 auf den Hoftagen in Nürnberg und Metz als unser keiserliches rechtbuch. Der Name „Die Goldene Bulle“ wurde erst im 15. Jahrhundert gebräuchlich und bezieht sich auf die goldgearbeiteten Siegel, die an sechs der sieben Ausfertigungen der Urkunde angehängt waren. Als erste schriftliche Verfassung des römisch-deutschen Reichs und »Reichsgrundgesetz« blieb sie 450 Jahre bis 1806 in Kraft und prägte damit über Jahrhunderte die Verfasstheit des Reichs.

 

Nach fast 50 Jahren liegt nun wieder eine umfassende Darstellung der Goldenen Bulle vor. Der Band, in welchem der lateinische Originaltext zusätzlich in deutscher Übersetzung geboten wird, ist am 30.Oktober unter dem Titel »Die Goldene Bulle von 1356« bei wbg Theiss erschienen. Im ersten Teil erklärt die Historikerin Eva Schlotheuber die Entstehungsgeschichte der Goldenen Bulle als Kompromiss und geradezu spannenden Aushandlungsprozess in der existenziellen Machtauseinandersetzung zwischen Kaiser und Papst.

Die Kunsthistorikerin Maria Theisen wiederum hat im zweiten Teil die Würdigung des Prachtexemplars Wenzels IV. im Kontext seiner Politik ausgearbeitet. Der Tafelteil überzeugt mit bester Bildqualität.

 

Beide Expertinnen beleuchten die Goldene Bulle aus einer ganz neuen Perspektive, indem sie die tiefere Funktion von Verfassungen als normative Ordnung und ideeller Fluchtpunkt freilegen, und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zu einer neuen Verfassungsgeschichte. 

 

 

Eva Schlotheuber ist Professorin für Mittelalterliche Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, wo sie zur Lebenswelt des Spätmittelalters und politischen Theorie und Herrschaftspraxis des 14. Jahrhunderts forscht und lehrt. Als erste Frau war sie von 2016 bis 2021 Vorsitzende des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands.

 

Maria Theisen studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien und promovierte über die Miniaturen des Willhelm-Codex für König Wenzel IV. Sie ist Mitarbeiterin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Kommission für Schrift und Buchwesen des Mittelalters (Schwerpunkt: Ostmitteleuropa) und Leiterin des Projektes. 

 

 

Foto: wbg Theiss
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Eva Schlotheuber, Maria Theisen 
Die Goldene Bulle von 1356 
Das erste Grundgesetz des römisch-deutschen Reichs 
432 Seiten mit ca. 300 farbigen Abbildungen 
ISBN 978-3-534-27642-4 
wbg Edition 
150,00 € 
 Am 30. Oktober 2023 erschienen


Autorin: wgb Theiss; zusammengestellt von Gert Holle - 20.11.2023