Stellungnahme der Herausgeber des Sammelbandes "Das kulturelle Erbe von Arzach" nach Absage der Präsenzveranstaltung der DGAP

12.03.2024

 

Zentralrat der Armenier in Deutschland e.V.
Postfach 703040
60567 Frankfurt am Main

Pressemitteilung

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

einigen von Ihnen ist möglicherweise bekannt, dass die hybride Veranstaltung der DGAP und KAS zum Thema "Der Schutz des bedrohten Kulturgutes von Berg-Karabach" am 6. März 2024 um 18:30 Uhr aufgrund massiver Drohungen und einer Kampagne seitens der Aserbaidschanischen Botschaft vor Ort abgesagt und stattdessen nur online durchgeführt wurde. 

Nachfolgend finden Sie die Stellungnahme der Herausgeber.

ZAD Vorstand
11. März 2024

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Behinderung freiheitlich-demokratischer Meinungsäußerung:

Notizen zu einer Buchpräsentation über das „Kulturelle Erbe von Arzach“

 

Am 6. März 2024 war eine hybride Buchpräsentation des von uns herausgegebenen Bandes „Das kulturelle Erbe von Arzach. Armenische Geschichte und deren Spuren in Berg-Karbach“ im Gebäude der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geplant. Dabei sollte das Buch im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums vorgestellt werden. Das Symposium sollte mit wissenschaftlichen Zugängen auf das durch den Exodus der Armenier aus Arzach/ Berg Karabach und die Übernahme der Region durch Aserbaidschan bedrohte armenische Kulturerbe hinweisen. Eine solche Bedrohung steht insbesondere angesichts der zerstörerischen Kulturpolitik der aserbaidschanischen Regierung in Nachitschewan im Raum, wo armenisches Kulturgut, Kirchen, Klöster, Dorfstrukturen und Friedhöfe – sogar mit UNESCO-Weltkulturerbe-Status – ausgelöscht worden sind. 

 

Aufgrund massiven Drucks der aserbaidschanischen Botschaft und aserbaidschanischer GONGOs wurde die Veranstaltung vor Ort abgesagt und ausschließlich digital durchgeführt. Die Botschaft hat die Leitung der DGAP und der KAS aufgefordert, auf die vermeintlich einseitige Veranstaltung zu verzichten. Gerahmt wurde diese Aufforderung durch persönliche Drohbriefe. Außerdem gab es eine Massenbriefaktion, die angesichts der gleichen Textgrundlage wahrscheinlich auch von der Botschaft veranlasst worden ist. Schließlich wurde bei der Berliner Polizei eine pro-aserbaidschanische Demonstration in unmittelbarer Nachbarschaft zum Veranstaltungsort angekündigt. Die Sicherheitslage vor Ort erschien so zunehmend gefährdet. Die Polizei gab zwar eine Zugangsgarantie zum Gebäude. Dadurch war aber ein Saalschutz – gerade auch mit Blick auf zahlreiche Anmeldungen von Aserbaidschanern und trotz eines privat engagierten Sicherheitsdienstes – nicht gewährleistet. Aufgrund einer dementsprechend labilen Sicherheitslage hat die DGAP beschlossen, die Veranstaltung rein digital durchzuführen. 

 

Wir als Herausgeberin und Herausgeber des Buches sind zutiefst beunruhigt angesichts der Möglichkeit, in einem freiheitlich-demokratischen Land auf diese Weise an der Durchführung einer öffentlichen wissenschaftlichen Veranstaltung gehindert zu werden. Wir empfinden es als beleidigend und unsachlich, bei der Planung eines solchen Symposiums, das den Schutz von Kulturgut fokussiert, als „islamophob“ denunziert zu werden. Wir sind ungehalten angesichts der mangelnden Bereitschaft öffentlicher Organe, eine im Blick auf die Sorge um Minderheiten und deren kulturelles Erbe wichtige Veranstaltung angemessen zu schützen. Wir protestieren gegen das Vorgehen der aserbaidschanischen Botschaft und bitten um eine politische Stellungnahme von für die Außenbeziehungen der Bundesrepublik zuständigen Institutionen. Wir fordern die freie Presse in unserem Land auf, die Versuche der Beschneidung von Meinungsfreiheit durch einen fremden autokratischen Staat zu thematisieren und zu dokumentieren. Generell fordern wir die Bundesrepublik Deutschland und die Internationale Gemeinschaft auf, sich trotz aller Behinderungen für den Schutz des gefährdeten Kulturgutes in Arzach/ Berg Karabach umgehend einzusetzen.

 

 

 

Kiel, den 11. März 2024


Prof. Dr. Andreas Müller, Kiel
Prof. Dr. Dr. h.c. mult Martin Tamcke, Göttingen
Dr. Harutyun Harutyunyan, Yerevan
Dr. Dagmar Heller, Bensheim