WIR IM NETZ - DER DENKANSTOSS

Foto: canva.com
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Der Denkanstoß: Und du meinst, es liegt am Wetter?

Der Denkanstoß: Und du meinst, es liegt am Wetter? - von und mit Gert Holle

 

Angst – wer kennt sie nicht? Irgendwann, irgendwo. Gerade zu Beginn eines neuen Jahres ist unsere Wahrnehmung besonders geschärft und empfänglich für das Dunkle, Bedrohliche, Angsterregende. Was kommt, was bleibt und was ist wichtig? Gerade weil wir uns doch nach Glück und guten Aussichten sehnen, sind wir so sensibel für all das, was uns die Hoffnung und den Mut nehmen will. Wird mein Gesundheitszustand sich in diesem gerade begonnenen Jahr wieder bessern? Werde ich meine Arbeit behalten? Wird mir all das gelingen, was ich mir für die kommenden zwölf Monate vorgenommen habe? In Zeitungsartikeln und Fernsehberichten werden wir auf das hingewiesen, was sich zum Jahreswechsel alles geändert hat. Schnell sind wir verunsichert. Was ist mit dem Frieden in der Welt? Geht es mit Europa wieder bergauf? Wo sparen wir, wo legen wir drauf? Fragen über Fragen. Veränderungen im Minutentakt beängstigen uns und können uns das Herz schwer machen.

Angst – aber wovor? Meistens wissen wir das gar nicht so ganz genau. Es ist so etwas wie unsere „Grund-Angst“, eine – wie Psychologen sagen – „objektlose Angst“. Und die wird ausgenutzt. Immer wieder. Schamlos. Wir werden beunruhigt. Von vielen Seiten. Und unsere Schwächen werden missbraucht. Deshalb suchen wir nach einem Halt in einer haltlosen Welt. Nach Antworten, wenn so viele sprachlos bleiben. Kaum noch etwas hinterfragt wird. Angst „vagabundiert“. Und: Macht macht sich breit. Verselbständigt sich, verunsichert. Und wenn dann nicht einmal die Sonne lacht, dann empfinden wir das noch viel tiefer. Schwerwiegender. Nicht nur im unfreundlichen, dunklen Januar. Wir sind uns selbst nicht mehr so sicher. Weil wir ständig verunsichert werden. Durch Nachrichten. Des-Information. Egoismus. Damit andere über uns Macht ausüben können. Und wir dann ohnmächtig sind. So mancher fällt dann in eine Trauerkloß-Mentalität: Du fühlst dich nicht. Du magst nicht mehr. Du tust dir richtig leid. Nichts zum Halten, nichts zum Freuen. Keine Höhepunkte. Schluss mit lustig. Und du meinst, es liegt am Wetter? Oder an denen „da oben“ oder „da unten“? Am Arbeitsplatz, an den Kollegen? Immer an den anderen? Nur du, du bist zu kurz gekommen?

 

 

Lass dich nur bedauern: Armer, armer Regenwurm! Der meinte, er sei schon immer krank gewesen! Wegen seiner unlustigen Art musste ihm doch etwas fehlen! Der Wurmdoktor kam mit seinem Köfferchen gekrochen. Er befühlte den Puls. Machte ein besorgtes Gesicht. Vegetative Dystonie – oder so etwas ähnliches, allgemeines Unbehagen. Und Mutter wickelte ihn in warme Sauerampferblätter, brachte ihm Schneckenschleim. Das war sein Leben. Nichts wagte er mehr. Keine Freude am Leben, nur noch Selbstmitleid. Er kam nicht mehr aus sich heraus. Verließ nie sein Plätzchen unter der Erde. Und wusste nicht einmal, was Sonne und Regen war. Deshalb wurde er auch nie von einer Amsel gefressen – wie viele seiner Kameraden. Er überlebte fast alle. Aber sag‘ doch selbst: Ist das ein Leben?

 

 

„Lass dir an meiner Gnade genügen“, sagt Gott. „Denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig!“. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir alle unsere „Erdlöcher“ verlassen können und mit Mut durch das Jahr 2024 gehen werden.


Autor: Gert Holle - 3.01.2023